Selbstwert

Das Selbstwertgefühl stellt ein zentrales Konzept dar und wirkt sich stark auf die psychische Stabilität und das Verhalten aus.

In meiner Praxis haben die mir bekannten Modelle und Methoden häufig nicht ausgereicht, um das Selbstwertgefühl meiner Klienten nachhaltig zu verbessern. Häufige Rückmeldungen waren: „Ich weiß vom Kopf her, dass ich was wert bin, aber ich kann es nicht fühlen“ oder der in einer Stunde aufgebaute Selbstwert war bis zur nächsten wieder „verpufft“.

Deshalb habe ich die Selbstwert-Akademie gegründet und ein eigenes Selbstwertmodell entwickelt.
Dieses Schichtenmodell bietet auch für Hochbegabte, deren Selbstwertentwicklung oft besonderen Bedingungen unterliegt, Erklärungs- und Lösungsansätze.
Das Modell umfasst alle Aspekte, die meiner Erfahrung nach Einfluss auf das Selbstwertgefühl nehmen und setzt diese in Bezug zueinander. Es hilft, die Ursache der Schwierigkeiten genauer zu erkennen und die Methodik zur Behebung der Schwierigkeiten punktgenau auszuwählen.

Den Kern des Selbstwertes bildet in dem Modell das „Grundgefühl“. Dieses wird sehr früh angelegt und ist relativ undifferenziert. Es ist das Erleben: „Fühle ich mich angenommen oder abgelehnt? „Bin ich gut oder bin ich schlecht?“ . Hier können sich alle anderen Aspekten des Selbstwertgefühls vereinen.

Die nächste Schicht und dem Grundgefühl am nächsten ist die „Selbstakzeptanz“. Diese hat großen Einfluß darauf, wie stabil unser Selbstwertgefühl ist: wenn ich eine hohe Selbstakzeptanz habe, schätze ich mich auch dann noch, wenn ich längere Zeit keinen Erfolg habe, meine Schwächen wahrnehme, Fehler mache oder scheitere. Ich kann mich trotzdem akzeptieren und erlebe mich als grundsätzlich wertvoll.

Im nächsten Kreis finden wir die „Selbstwirksamkeit“. Diese bezeichnet den Glauben daran, dass ich etwas bewirken kann. Wenn ich weiß, dass ich intelligent bin, aber meine Ideen z.B. nicht verstanden werde oder ich schlechte Noten schreibe und den Eindruck habe, dass ich mit meiner Intelligenz nichts bewirken kann, werde ich trotz meines Wissens um meine Fähigkeit Schwierigkeiten haben, ein positives Selbstwertgefühl aufzubauen.

Erst jetzt kommt die "Fähigkeitenpräsenz": das Wissen und die aktuelle Präsenz der eigenen Stärken und Fähigkeiten. Diesen Aspekt halten die meisten Menschen als zentral für das Selbstwertgefühl und er hängt in hohem Maß davon ab, ob und wie man Feedback bekommt. Wenn der HB sein Potenzial ausleben kann, hat er diesbezüglich einen Vorteil. Wenn er abgewertet oder gemobbt wird, einen Nachteil. Die Fähigkeitenpräsenz kann eine hohe Bereichsspezifität aufweisen: ich kann zum Beispiel der Meinung sein, dass ich ein guter Fußballer bin, aber ein schlechter Sänger. Außerdem kann es vorkommen, dass ich mich ein einem Bereich sehr realistisch einschätze und meiner Stärken bewußt bin, in einem anderen aber eine fehlende oder unrealistische Einschätzung habe.

Weiterhin ist meine Theorie, dass das Selbstwertgefühl nicht individualisiert betrachtet werden kann, sondern in ein System eingebettet ist und die systemische Funktion mitgedacht werden muss. Das Selbstwertgefühl eines jeden einzelnen gestaltet das System: es beeinflusst, wie ich mich den anderen Personen gegenüber verhalte, was ich von Ihnen erwarte, welchen Platz und welche Rolle ich einnehme u.ä... Gleichzeitig hat das Selbstwertgefühl eine adaptive Funktion und bewirkt, dass ich mich in das System einfinde. Da HB sich außerhalb der Norm befinden und als bedrohlich wahrgenommen werden können, stellt dies oft eine besondere Herausforderung dar (s.a. Ambivalenzdilemma).

Das Selbstwertgefühl entwickelt sich durch Internalisierungs- und Generalisierungsprozesse und die einzelnen Schichten bzw. Aspekte beeinflussen sich wechselseitig.

Auf das früh angelegte Grundgefühl haben enge Bindungspersonen einen besonders starken Einfluss. Je weiter man nach außen gelangt, desto direkter wirken auch weitere Personen wie Peers, Lehrer, Kollegen, Vorgesetzte usw. ein.

Ein gutes Selbstwertgefühl geht mit Gefühlen von Wertigkeit, Sicherheit, Freude, Stolz u.ä. einher, und führt dazu, dass ich erwarte, gut behandelt und geliebt zu werden. Das Verhalten ist selbtsfürsorglich, sicher, souverän und offen / neugierig.
Ein schlechtes Selbstwertgefühl geht mit Gefühlen von Minderwertigkeit, Angst, Scham u.ä. einher und führt dazu, dass ich erwarte und interpretiere nichts wert zu sein und schlecht behandelt zu werden. Im Verhalten finden sich vermehrt selbstvernachlässigende, ängstliche, vermeidende und/oder aggressive Tendenzen.

Mithilfe dieses Modells kann man klären, welche Aspekte Schwierigkeiten verursachen und diese dann gezielt bearbeiten.

Im folgenden finden Sie eine Auswahl an Methoden, die helfen, die spezifischen Aspekte positiv zu beeinflussen:

System:

  • Systemklärung und Erarbeiten der Systemdynamik:
    - Wer hat Einfluß auf den Selbstwert (früher und heute)?
    - Wie und warum?
    - Welche Vor- und Nachteile hat ein veränderter Selbstwert? Für Dich und für andere?
    - Was würde sich im System verändern, wenn Dein Selbstwert steigt oder sinkt?

Achtung! Der Preis einer Selbstwertänderung kann hoch sein. Man kann sich auch dafür entscheiden, den Status Quo beizubehalten und seinen Selbstwert nicht zu verändern. Meistens ändert sich der Selbstwert aber auch bei einer solchen Entscheidung, da man die Dynamik verstanden hat, sich innerlich abgrenzen kann und eine eigenmächtige Entscheidung trifft. In diesem Fall steigt der Selbstwert, aber man behält selbstentschieden sein Verhalten im System bei. Eine andere Möglichkeit ist, die Ängste der anderen Systemmitglieder auf andere Art und Weise zu beruhigen (vgl. auch Ambivalenzdilemma)

Evtl. müssen mehrere Systeme besprochen werden (Herkunftsfamilie, Schule, Job, jetzige Familie ....)

Die Systemdynamik lässt sich sehr gut mit der Punkt, Punkt, Komma, Strich- Methode von Manfred Prior erarbeiten.

 

  • Erarbeiten, mit welchen Strategien der SW reguliert wird:

    Bei Kindern und Jugendlichen kann man hier z.B. in einem Fußballspiel die Mannschaft „Entwerter“ gegen die Mannschaft „Selbstwert“ spielen lassen:
    - Welche Sätze und Verhaltensweisen sind Sturm, Verteidigung u.s.w. der Mannschaften?
    - Wann und wie wird ein Tor geschossen?
    - Welche Fans gibt es, was machen die?
    - Wie kann Mannschaft Selbstwert gewinnen? Was muß Sie trainieren?
    - u.ä.

Selbstbewusstsein:

Präsenz der der eigenen Stärken fördern, z.B. durch:
- Einholen von externem Feedback
- Trainieren positiver Aufmerksamkeitslenkung
- Erarbeiten der eigenen Stärken und Fähigkeiten mit folgendem Vorgehen:

- Sammeln schöner Erlebnissen im Leben
- Sammeln von Leistungen und Erfolgen
- Sammeln von Schwierigkeiten
- Reflektieren: welche Eigenschaften und Fähigkeiten haben zu den Erlebnissen, Leistungen und Erfolgen geführt?
  Welche Fähigkeiten weist man auf oder hat man ausgebildet, um mit den Schwierigkeiten umzugehen?
- Und: Welche positiven Eigenschaften oder Merkmale hat man, für die man nichts kann, die man sich nicht erarbeitet hat?

Selbstwirksamkeit:

  • Erfolgserlebnisse ermöglichen und / oder präsent machen.

Hierfür kann es notwendig sein, sich Fähigkeiten anzueignen (z.B. Selbstmanagementfähigkeiten, Durchsetzungsvermögen o.ä.)

  • Zeitprogression: Man stellt sich (am besten in Trance) vor, dass der Erfolg schon eingetreten ist und geht dann in minimalen Schritten auf der Zeitleiste zurück, um die zum Erfolg führenden Strategien zu erarbeiten: Z.B. die Familie nimmt einem vor dem Prüfungsraum in Empfang und gratuliert zur bestandenen Prüfung. Was ist kurz vorher passiert? Der Prof. hat einem die Hand geschüttelt. Was ist kurz vorher passiert? Man hat die letzte Aufgabe beantwortet. Was ist kurz vorher passiert? Man hat sich gesagt: „Gleich hast Du es geschafft !“ (erste sinnvolle Strategie). Was ist kurz vorher passiert? Man hat in das Gesicht des wohlwollenden Beisitzers geguckt (2. sinnvolle Strategie).... u.s.w.

Selbstakzeptanz und Grundgefühl:

Für die Veränderung dieser Aspekte reichen meiner Erfahrung nach rein kognitive Methoden selten aus. Als hilfreich erlebe ich:

  • Individualisierte Trancen z.B. Ressourcenübertrag und Affektbrücke
  • Gefühlsexternalisierung und -bearbeitung mithilfe individualisierter Metaphern
  • PEP nach Michael Bohne
  • Einsatz von Impacttechniken

Beispiel für eine Impacttechnik:
Jemand ist misshandelt worden und hat ein sehr schlechtes Selbstwertgefühl aufgebaut. Man nimmt einen 50 Euro Geldschein, hält ihn hoch und fragt: „Was ist der wert?“. Die Person antwortet üblicherweise: „50 Euro.“. Daraufhin zerknüllt man den Geldschein, schmeißt ihn auf den Boden, tritt darauf u.ä. . Man misshandelt ihn quasi. Danach nimmt man ihn wieder auf, entfaltet ihn und fragt: „Was ist er wert?“

Übergreifende Methode:

Mithilfe des TEK Analyse und Grundschemas kann man für alle Bereiche Lösungen erarbeiten. Um das System zu erfassen, ergänzt man die Reflektion der Vor- und Nachteile um die Systemperspektive und erarbeitet diese nicht nur für sich, sondern auch für die anderen Systemmitglieder.

Informationsmöglichkeiten zu den einzelnen Methoden und Seminarangebote finden Sie im Beratungs- und Therapiekonzept unter dem Unterpunkt Methodenempfehlungen.

Falls Sie sich als Therapeut oder Berater speziell für das Seminar zum Thema Selbstwert interessieren, finden Sie dieses hier

Falls Sie einen speziell für da Thema Selbstwert ausgebildete Berater:innen oder Therapeut:innen suchen, finden Sie bei über die Selbstwert-Akademie zertfizierte Selbstwerttrainer:innen und weitere Informationen. Fachleute finden dort vielfältige spezifische Seminarangebote.



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