AD(H)S und Underachievement

AD(H)S wird bei HB so häufig fehldiagnostiziert, dass die American Psychiatric Association (APA, die Herausgeberin des in den USA aktuell gültigen und für die psychiatrische Diagnostik verbindlichen Manuals DSM) vor einer vorschnellen Diagnose warnt!

Die Differentialdiagnostik ist nicht ganz einfach.

Zum einen zeigen Hochbegabte eine neurophysiologische Nähe zur AD(H)Slern:
Der im Kortex liegende rechte Stirnlappen verdichtet sich bei Normalbegabten vor dem 7. Lebensjahr, bei AD(H)Slern mit ca. 9 Jahren und bei Hochbegabten mit ca. 11 Jahren (Shaw, Greenstein u.a.; 2006). Im Rahmen der Verdichtung finden Strukturierungsprozesse im Gehirn statt. Die späte Verdichtung ist wahrscheinlich mitverantwortlich für die hohe Assoziationsdichte und Vernetzung des Gehirns. Neben den positiven Aspekten birgt dies auch die Gefahr der Unstrukturiertheit und AD(H)S-Symptomatik.

Gleichzeitig führt Unterforderung zu Defiziten hinsichtlich:

  • Lernstrategien
  • Strukturierung und Organisation
  • Frustrationstoleranz
  • Aufbau von Durchhaltevermögen
  • Erfolgserlebnissen und Lernmotivation

Diese Defizite können zu Symptomen führen, die leicht mit einem originären AD(H)S zu verwechseln sind, der Lösungsansatz muss jedoch ein ganz anderer sein.

Thomas Eckerle bietet eine weitere interessante Erklärung zur Entstehung von AD(H)S und Underachievement bei HB:

  • Wenn eine Aufgabe gestellt wird, wird Dopamin ausgeschüttet. Hierdurch werden Lernprozesse angeregt und es entsteht eine Belohnungserwartung.
  • Diese wird enttäuscht, da der HB bei zu leichten Aufgaben keine Erfolgserlebnisse hat.
  • Es kommt zu einer Schieflage von Botenstoffen, die u.a. für die Konzentration und Aufmerksamkeit zuständig sind (z.B. Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin). Der Misserfolg wird zudem durch das ausgeschüttete Dopamin besonders gut gelernt. Dies führt zu AD(H)S- Symptomen und Demotivation.

Den vollen Artikel und weitere sehr hochwertige Artikel zum Thema Hochbegabung von Thomas und Anne Eckerle finden Sie unter: https://www.hochbegabtenhilfe.de.

Zusätzlich muss man bedenke, dass man „Läuse und Flöhe“ haben kann, das heißt, das ein Teil der AD(H)S-Symptomatik, eine tatsächliche sein kann, und ein Teil durch Unterforderung zustande kommt.

In Anlehnung an James T. Webb finden Sie hier die Übereinstimmungen zur AD(H)S-Symptomatik im Abgleich mit den Unterschieden und Ursachen bei Hochbegabung.

Übereinstimmungen Unterschiede/Ursache bei HB
Hält Aufmerksamkeit nicht aufrecht Nur bei Unterforderung
Schnelle Langeweile / Tagträumen Inputmangel oder intensive kognitive Beschäftigung
Impulsivität Stress / Reifungsdiskrepanz
Folgt Anweisungen / Regeln nicht Bei Mangel an Logik / Gerechtigkeit
Aktiv und unruhig Hohes Energielevel
Unordnung / Chaos Visuell-perzeptiver Stil
Geringe Ausdauer Erlebte Irrelevanz der Aufgabe

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